
Die Aufregung ist bei allen deutlich zu spüren, als wir uns an einem Morgen im November 2024 im Traumahilfezentrum in San Salvador treffen. Es ist der erste Tag des Abschlussmoduls der Traumaweiterbildung für unsere Partnerkirchen in Zentralamerika. Ein Wiederholungstag steht an, bevor die Abschlussprüfung in zwei Teilen folgt. Zuerst findet eine mündliche Prüfung statt und anschließend die Besprechung der eingereichten Fallarbeiten, in denen die Teilnehmer:innen anhand von Berichten und Videos nachweisen, dass sie die Theorie erfolgreich in die Praxis umsetzen können.
Ein intensiver Prozess von fast zwei Jahren geht mit dieser Woche zu Ende, in der die Gruppe zusammengewachsen ist und auch miteinander viele schöne und bereichernde Erfahrungen miteinander gemacht hat. Es war toll zu sehen, wie viel die Teilnehmer:innen in diesen fast zwei Jahren gelernt haben. Die Abschlussarbeiten sind vielfältig: von Gruppenabenden für Jugendliche zum Thema Traumafolgen bis hin zur Begleitung von Menschen, die nach jahrelangen Gewalterfahrungen wieder Bindung und Sicherheit erfahren können. Am Ende erhielten alle in einer feierlichen Veranstaltung ihr Zertifikat überreicht.
„Ich habe mich während der Ausbildung durch die persönlichen Erfahrungen und Erkenntnisse sehr verändert. Jetzt fühle ich mich wie eine Lampe, die leuchten und ihr Licht an andere weitergeben kann.“ So bildhaft fasst Nestor aus Nicaragua seine Erfahrungen zusammen.
„Wir sind alle nicht mehr die, die wir am Anfang waren, wir sind alle gewachsen. Ich will gar nicht, dass diese Weiterbildung aufhört.“ So sagt es eine Pfarrerin aus El Salvador.
Am letzten Tag ermitteln wir, was die Teilnehmenden brauchen, um das Erlernte erfolgreich anzuwenden und Menschen kompetent begleiten zu können. Die Wünsche umfassen regelmäßigen Austausch und Supervision sowie Vertiefungsseminare. Wir vereinbaren deshalb monatliche Onlinetreffen, um an offenen Fragen und Fällen aus der Praxis zu arbeiten. Das erste Treffen fand im Januar statt. Eine Pfarrerin, die in San Salvador vor allem mit Obdachlosen arbeitet, brachte den Fall eines Paares ein, das auf der Straße lebt. Sie haben ein Baby und sind beide aufgrund langjähriger Gewalterfahrungen traumatisiert. Wie kann man in solch einer Situation das Kind schützen? Wie kann das Paar stabilisiert und begleitet werden? Schwierige Fragen, auf die es keine einfachen Antworten gibt. Der Austausch hilft der Kollegin und am Ende sagt sie: „Ich habe nun eine Vorstellung davon, wie ich die Begleitung gestalten kann. Vielen Dank.“
Und allen wird während dieser Woche klar: Die eigentliche Arbeit beginnt erst nach dem Abschluss der Weiterbildung.
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