Bosnien und Herzegowina ist ein Land, das bis heute von den Folgen des Krieges von 1992-1995 geprägt ist. Dies zeigt sich in wirtschaftlicher Hinsicht, vor allem aber im sozialen Zusammenleben und in der psychischen Gesundheit der Menschen.
Das politische System ist nach wie vor von tiefen Gräben und Spannungen zwischen Bosniak:innen, bosnischen Serb:innen und bosnischen Kroat:innen gekennzeichnet. Die Deutungshoheit über das Kriegsgeschehen und die damit verbundene Verantwortungsübernahme für die schrecklichen Kriegsverbrechen sind umstritten. Das verhindert ein Aufeinanderzugehen und die für die Zukunft des Landes so notwendige Versöhnung.
Um Stabilität zu erreichen, müssen kollektive und individuelle Traumata aufgearbeitet werden. Hier setzt unsere Arbeit an.
Unsere Partnerorganisation
In Bosnien und Herzegowina arbeiten wir seit 2010 mit Udruženje za psiho-socijalnu podršku i bolju budućnost „Progres“ zusammen, dem Verein für psychosoziale Unterstützung und eine bessere Zukunft „Progres“.
Progres engagiert sich in der multiethnischen Begegnungsarbeit, der beruflichen Bildung und der psychosozialen Unterstützung von Menschen mit traumatischen Erfahrungen. Progres begleitet junge Menschen dabei, sich unabhängig von Religion und Volkszugehörigkeit zu vernetzen, an die Vergangenheit zu erinnern und sich für eine gewaltfreie Gesellschaft einzusetzen.
Kontakt
Martina Bock
Geschäftsführung und Projektmanagement Ausland
Tel: +49 89 50 80 88-51
Tel: +49 911 214 23 7
Weiterbildung von Lehrkräften in Traumapädagogik
Wir machen Schulen zu traumasensiblen Orten.
In Bosnien und Herzegowina beobachten wir, dass die Folgen individueller und kollektiver Traumata häufig nicht als solche erkannt werden. Viele Kinder und Jugendliche leiden unter den Traumata ihrer Eltern, die sich zum Teil in häuslicher Gewalt äußern.
Gleichzeitig wirken die Gewalterfahrungen der Vergangenheit in den Schulen fort. So gibt es in einigen Regionen bis heute das Prinzip „Zwei Schulen unter einem Dach“, also die getrennte Beschulung von Schüler:innen unterschiedlicher ethnischer Zugehörigkeiten im selben Schulgebäude. Auf diese Weise wird die ethnische Trennung an die nächste Generation weitergegeben. Versöhnung und heilsames Erinnern haben in diesem System keinen Platz.
Das Projekt
Schule und Klassenzimmer sollten traumasensible Orte sein, an denen Kinder und Jugendliche Sicherheit, Selbstwirksamkeit und Gemeinschaft erleben können. Aus diesem Grund bilden wir Lehrer:innen und Menschen aus sozialen Berufen in der traumasensiblen Begleitung von Schüler:innen aus.
In sechs Modulen lernen sie die Grundlagen der Psychotraumatologie und Methoden der traumapädagogischen Arbeit kennen.
Parallel zur Ausbildung können sie das Gelernte in ihrer Arbeit erproben. “In der Weiterbildung habe ich gelernt, dass es hilft, sich mit anderen zu vernetzen“, fasst eine Teilnehmerin ihre Erfahrungen zusammen. „Wenn wir auf die Wichtigkeit des Themas Trauma aufmerksam machen und es nicht ignorieren, dann haben wir eine neue Chance für die Zukunft“.
Das Projekt wird durch eine Förderung des Auswärtigen Amtes ermöglicht.
Ausbildung junger Dialogbegleiter:innen
Wir begleiten junge Menschen in ihrem Engagement für Frieden und Dialog.
Das gesellschaftliche Zusammenleben in Bosnien und Herzegowina ist nach wie vor von den Spannungen zwischen den Bevölkerungsgruppen geprägt. Um diese Konflikte zu verstehen, ist es wichtig, sich mit dem Thema Trauma auseinanderzusetzen.
Die Auswirkungen kollektiver Traumata zeigen sich in kollektiven Einstellungen und in der Entwicklung traumabasierter Gruppenidentitäten. Individuelle und kollektive Traumata werden benutzt, um Feindbilder und Ängste aufrechtzuerhalten. Opfer- und Täternarrative werden identitätsstiftend, eigene Schuld und Scham werden ausgeblendet.
Um den Dialog zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen zu ermöglichen, ist es wichtig, diese Folgen kollektiver Traumata zu erkennen und an einer Erinnerungskultur zu arbeiten, die Versöhnung statt Spaltung fördert.
Das Projekt
Gemeinsam mit unserer Partnerorganisation arbeiten wir seit 2021 mit jungen Menschen aus allen Gemeinschaften des Landes an diesen Themen und bilden sie zu Multiplikator:innen für traumasensiblen Dialog aus.
In sechs Modulen lernen sie, überlieferte Erzählungen zu hinterfragen und in den Dialog zu treten.
„Ich nehme viel Mut und Hoffnung mit. Ich hätte nie gedacht, dass ich mit anderen über all diese Dinge sprechen kann. Aber ich kann – und das macht mir Mut“, sagt eine junge Teilnehmerin. Nach der Weiterbildung setzen die Jugendlichen kleine lokale Projekte um und tragen so die Friedensbotschaft weiter.
Das Projekt wird durch eine Förderung des Auswärtigen Amtes ermöglicht.