Akademie für Frieden und Dialog in Kurdistan-Irak

“Hier mit Euch habe ich erlebt, wie schön das Leben sein kann!” sagte eine Teilnehmerin der zweiten Akademie für Frieden und Dialog in Kurdistan-Irak, die vom 18.‑25. Mai in der historischen Stadt Alqosh stattfand. Gemeinsam mit unserer Partnerorganisation Jiyan Foundation for Human Rights haben wir 16 junge Menschen aus dem gesamten Norden des Landes eingeladen, darüber zu sprechen, wie Hass und Intoleranz überwunden werden können und wie Frieden nach Krieg und Konflikten aussehen kann.

Die Teilnehmer:innen waren Muslim:innen, Christ:innen, Jesid:innen und Kaka’i; Shabak, Kurd:innen, Araber:innen und Assyro-Chaldäer:innen. Diese Gemeinschaften sind tief im Land und in seiner Geschichte verwurzelt und ihre Vielfalt hat zum kulturellen Reichtum des Irak beigetragen. In der Vergangenheit sah sich das Land jedoch auch großen Herausforderungen gegenüber, die von extremer Gewalt und konfessionellen Spannungen geprägt waren. Bis heute leiden Menschen aus den marginalisierten Gemeinschaften des Landes unter Diskriminierung und Ausgrenzung. Auch deshalb setzen sich viele von ihnen für Gleichberechtigung und Gerechtigkeit ein.

Während der Akademie begleitete uns eine Reihe von Fragen: Was wünschen wir uns von Menschen mit anderen religiösen Überzeugungen? In welcher Gesellschaft möchten wir eigentlich leben? Welche Verantwortung hat die Mehrheitsgesellschaft? Und welche Rolle spielt Erinnerungskultur in diesem Prozess? Die Teilnehmer:innen führten dazu zahlreiche Gespräche, in denen schwierige Themen nicht ausgeklammert wurden. Eine jesidische Teilnehmerin erzählte von der gewaltsamen Vertreibung ihrer Familie im Sommer 2014. Dabei machte sie klar, dass sie trotz allem ihren Glauben an die Menschen und die Menschlichkeit nicht verloren hat und sich mit Mitstreiter:innen für ein Leben in Sicherheit und Frieden einsetzen möchte. Ihre Empathie und ihr Aufruf zur Solidarität bewegten uns alle sehr.

Zur Akademie gehörten neben Workshops auch drei Besuche an heiligen Stätten und Gotteshäusern und der Austausch mit den jeweiligen religiösen Repräsentanten: Das Heiligtum der Jesid:innen in Lalish, eine Moschee in Shekhan und das Rabban-Hormizd-Kloster in Alqosh. Darüber hinaus organisierten wir eine Diskussionsrunde zwischen den religiösen Vertretern dieser drei Gemeinschaften und dem Theaterpädagoge Dr. Hawre Zangana. Am vorletzten Tag inszenierten die Teilnehmer:innen ein Theaterstück, in dem sie die Rolle der Schulen kritisch in den Blick nahmen und für einen inklusiven und toleranten Lehrplan plädierten.

Die Akademie war eine zeitlich, inhaltlich und emotional herausfordernde Erfahrung. Folglich durften ressourcenorientierte Freizeitaktivitäten wie tägliche Energizer, eine Bergtour und ein Lagerfeuer nicht fehlen. Wir sind besonders dankbar für die Gastfreundschaft der lokalen Gemeinschaft, die zum ersten Mal eine so diverse Gruppe im Al-Fadi-Kloster empfangen hat.

„Der Raum, der hier in Alqosh geschaffen wurde, ist unglaublich wichtig. Es darf keine Ausnahme bleiben. Dass ich hier meine Geschichte erzählen durfte und mir empathisch zugehört und Beistand zugesichert wurde, ist ein einmaliges Erlebnis für mich und das werde ich niemals vergessen“, sagte eine Teilnehmerin in der Abschlussrunde. „Diese Kraft wird mich ein Leben lang begleiten.“