Seit 2006 bilden wir gemeinsam mit unserer Partnerorganisation in Palästina Traumafachkräfte aus. In sieben Ausbildungsrunden konnten wir bisher 140 Personen zertifizieren, die das Gelernte in ihrer Arbeit mit schwer traumatisierten Menschen einsetzen. Im April 2025 begann eine neue Weiterbildungsrunde.

Engagement unter schwierigen Bedingungen

Wir befinden uns am zweiten Tag der Traumaweiterbildung in Bethlehem. Es ist das zweite Modul, das die Gruppe miteinander verbringt. In der Anfangsrunde können alle kurz berichten, wie es ihnen geht. Was geteilt wird, ist sehr unterschiedlich. Ein Teilnehmer sagt: „Ich hätte gestern nicht gedacht, dass ich heute wieder bei euch sein kann. Auf dem Heimweg wurde ich am Checkpoint angehalten, musste aussteigen und warten. Es war kalt, also versuchte ich, mich etwas zu bewegen. Die Soldaten schrien mich an, ich solle stillstehen. Erst nach über einer Stunde durfte ich weiterfahren.“

Eine andere Teilnehmerin erzählt: „Mir geht es heute nicht gut. Gestern Nacht wurde mein Cousin verhaftet. Die Soldaten durchsuchten die ganze Wohnung und zerstörten sie, bevor sie ihn mitnahmen. Wir machen uns große Sorgen.“

Neben vielem Belastendem und großer Sorge werden auch immer wieder freudige Erlebnisse geteilt, wie die bestandene Prüfung eines Kindes. Solche Momente zeigen, wie wichtig es ist, auch in schweren Zeiten Ressourcen zu finden, die helfen, mit den Belastungen umzugehen. Eine dieser Ressourcen ist der Humor, der Unerträgliches leichter macht. Nachdem der Kollege von seinem Erlebnis am Checkpoint erzählt hat, sagt eine Teilnehmerin mit einem Lächeln: „Wenn du dich dort etwas bewegt hast, hast du ein paar Kalorien verbraucht. Das ist bestimmt gut für dich.“

Stabilisierung als zentrale Ressource

In diesem Modul steht das Thema Stabilisierung im Mittelpunkt. Die Gruppe arbeitet konzentriert und probiert verschiedene Methoden aus. Wir üben, wie wir mit Körperübungen und Atmung Stress und Gefühle regulieren können. Ein zentrales Element ist die Imaginationsarbeit: Wie können wir unsere Imagination nutzen, um neben den Schreckensbildern auch positive Bilder in unserem Gehirn zu verankern?

Eine wichtige Übung ist die Vorstellung eines sicheren inneren Ortes. Eine Teilnehmerin berichtet am vierten Tag: „Gestern am Checkpoint habe ich meinen sicheren inneren Ort genutzt. Das hat es leichter gemacht.“

Für viele Teilnehmende ist das Seminar nicht nur eine fachliche Weiterbildung, sondern auch eine persönliche Stärkung. Einer von ihnen brachte es am Ende so auf den Punkt: „Wir sind so aktiv dabei, weil uns die Seminarinhalte sowohl auf der professionellen als auch auf der persönlichen Ebene betreffen. Wir nehmen viel Stärke und neue Verantwortung aus diesen Tagen mit.“

Martina Bock