„Körper-Seele-Trauma und Wege der Heilung“ lautete der Titel unseres internationalen Refresher- und Fortgeschrittenenseminars, das vom 15.-19. Juli auf dem Labenbachhof in Ruhpolding stattfand. Wie jedes Jahr nahmen auch dieses Mal wieder Traumafachkräfte aus der ganzen Welt teil: aus Brasilien, Kurdistan-Irak, Liberia, Palästina, Zentralamerika sowie aus der Schweiz, den Niederlanden und aus Deutschland.
Eine Woche lang beschäftigten wir uns theoretisch und anhand von Beispielen aus der praktischen Arbeit der Teilnehmenden mit Methoden der Traumaarbeit. Unter Leitung des Psychiaters und Traumatherapeuten Lutz-Ulrich Besser probierten wir Übungen wie die so genannte „Rettung des inneren Kindes“ aus. Dabei reiste ein Kollege aus Zentralamerika noch einmal in eine Gewaltsituation seiner Kindheit, nahm dort Kontakt mit seinem inneren Kind auf und brachte es in seiner Vorstellung an einen sicheren Ort. Diese Methode der Traumakonfrontation kann helfen zu spüren, dass die alte Bedrohung wirklich vorbei ist.
„Meine Erfahrung ist, dass hier ein sicherer Raum entsteht, in dem wir unsere Erfahrungen und auch unseren Schmerz miteinander teilen und voneinander lernen können“, sagte ein Teilnehmer. „Als du an deiner Geschichte gearbeitet hast, habe ich auch an meiner mitgearbeitet. So geschieht Heilung.“
So fand neben der Vertiefung von wichtigem Fachwissen und dem gemeinsamen Lernen auch ein sehr persönlicher Entwicklungsprozess für die Teilnehmer:innen statt. Sie erlebten, dass ihre Themen kultur- und länderübergreifend ähnlich sind. Gewalt gegen Frauen durch patriarchale Strukturen, häusliche Gewalt und Trauer und Verlust sind Erfahrungen, die alle betreffen. „Was du gezeigt hast, gibt es auch bei uns in Zentralamerika“, formulierte es Sandra aus El Salvador als Rückmeldung auf die Arbeit einer Palästinenserin. „Auch bei uns sind Frauen viel Gewalt ausgesetzt.“
So entstand eine heilsame Gemeinschaft über alle Grenzen von Kultur, Sprache und Religion hinweg. Wir begannen jeden Tag mit Übungen aus der Körperarbeit nach den Power-Response-Richtlinien und beendeten ihn oft mit gemeinsamem Singen und Tanzen. Verbundenheit kann auch ohne gemeinsame Sprache wachsen.
Am letzten Tag arbeiteten alle noch einmal intensiv mit der Vier-Felder-Technik, bei der mit Hilfe von Malen und bilateraler Stimulation traumatische Erlebnisse verarbeitet werden können. In der Auswertung sagte eine Teilnehmerin: „Ich bin so beeindruckt von der Energie dieser Gruppe. Obwohl jeder individuell eine Erfahrung bearbeitet hat, war es auch ein gemeinsames Arbeiten. Die Gruppe hat einen Rhythmus gefunden und mich getragen“.
Viele unserer internationalen Kolleg:innen arbeiten unter sehr schwierigen Bedingungen. Konflikte, Krieg und Gewalt prägen ihr Arbeitsumfeld. Neben neuem Wissen und Können ist die internationale Gemeinschaft in der Gruppe eine Ressource, die alle mit nach Hause nehmen. So ist die Woche auf dem Labenbachhof für sie auch eine Zeit, um Kraft zu tanken für die schwierige Arbeit in ihren Heimatländern.
Martina Bock